Zeit für eine „Paint Revolution“

Menschen, die ihren ganz eigenen Weg gehen und dadurch zur treibenden Kraft für eine Veränderung werden – sie sind es, welche unsere Gesellschaft braucht. Eine davon ist die Malerin Tatjana Blaske, die mit ihrer selbsternannten „TB Paint Revolution“ nicht nur das Malerhandwerk auf ein anderes Level bringen möchte, sondern damit auch sich selbst wieder mehr in den Fokus nimmt.

Spricht man mit Tatjana Christina Anna Blaske, wie die 36-Jährige mit vollem Namen heißt, dann spürt man ihre Leidenschaft, den Antrieb der hinter all ihrem Tun steckt. Sie ist mit Leib und Seele Maler- und Lackierermeisterin. „Das ist meine Leidenschaft und ich liebe diesen Beruf nach wie vor“, sagt die Miesbacherin. Eigentlich wollte sie auch nie etwas anderes werden, bis auf Profi-Fußballerin, Skifahrerin oder Tennisspielerin. „Aber das sollte wohl alles nicht sein“, erinnert sie sich lachend. Nach ihrem Hauptschulabschluss stieg sie in die Maler- und Lackiererlehre ein, war zur damaligen Zeit das einzige Mädchen in der Berufsschule. „Klar ist das eine Männerdomäne, aber das hat mich nie gestört und tut es bis heute nicht.“ Eine große Portion Selbstbewusstsein hätte da auf jeden Fall geholfen, sagt sie schmunzelnd.

Der eigene Weg

Tatjana Blaske schlägt sich durch, wird in ihrem ersten Ausbildungsbetrieb aber nicht ernst genommen und die eigentlichen Arbeiten bleiben ihr verwehrt. Sie wechselt den Betrieb, lernt endlich die Dinge die sie interessieren, muss ihr letztes Lehrjahr aber wieder wo anders fertig machen. Sie kommt zu einem alteingesessenen Miesbacher Malerbetrieb. „Das war genial, dort habe ich noch alle alten Techniken, etwa mit Ölfarben zu arbeiten, gelernt.“ Schon ein Jahr nach ihrem Abschluss macht sie den Techniker zur Staatlich geprüften Farb- und Lacktechnikerin und arbeitet bis 2011 bei einer international agierenden Firma, wird dort immer mehr mit leitenden Tätigkeiten betraut. Doch irgendwann möchte sie ihren eigenen Weg gehen und wagt den Schritt in die Selbstständigkeit. Die Maler- und Lackierermeisterin gründet ihre Firma, deren erster Sitz eine kleine Garage ohne Strom und Wasser ist. „Ich habe mich von Null hochgearbeitet, das nimmt mir keiner“, sagt sie heute.

Ein schwerer Rückschlag

Die Auftragslage ist gut und sie kann nach einiger Zeit in eine etwas größere Garage umziehen. „Da hatte ich dann Strom und Wasser, wenn auch nur kaltes.“ Von Anfang an ist sie auf ein hohes Niveau bei ihrer Arbeit bedacht, Werte wie Zuverlässigkeit und Genauigkeit sind ihr extrem wichtig. Das wiederum schätzt ihre Kundschaft, die Aufträge werden mehr und die Firma wächst auf zwischenzeitlich 15 Mitarbeiter. Doch irgendwann, zwischen Baustellenbesichtigung, Aufträgen abarbeiten und Mitarbeiter managen, verliert sich Tatjana Blaske selbst. „Ich hatte den Spaß an der Arbeit, meine ganze Kreativität verloren. Teilweise hat mir in der Früh gegraust in meine eigene Firma zu fahren. Es war heftig“, erzählt sie. Auch all die Jahre des Beweisens, als Frau in diesem Beruf zu 100 Prozent immer volle körperliche Leistung zu bringen, Farbkübel und Sandsäcke schleppen, stundenlang über Kopf arbeiten. „Im Nachhinein bereue ich, dass ich nie auf mich geachtet habe, dadurch habe ich meine Gesundheit gefährdet.“ Die körperliche und seelische Belastung fordert 2018 ihren Tribut – die Miesbacherin erleidet einen schweren Bandscheibenvorfall.

Der Kampf zurück

Doch aufgeben liegt einfach nicht in ihrer Natur, sie kämpft sich zurück, auch wenn sie bis heute noch mit den körperlichen Folgen zu kämpfen hat. Tatjana Blaske spürt, dass sich etwas ändern muss, in ihrer Arbeit und in ihrem Leben. „Ich habe gemerkt, ich muss einen anderen, meinen eigenen Weg gehen, um weitermachen zu können.“ Mittlerweile besteht ihr Team noch aus ihrem Mitarbeiter Markus und ihrer Frau Sabine, die als Designerin das Angebot der Firma perfekt ergänzt. „Gutes Fachpersonal kommt leider keines nach“, bedauert sie. Einen Handwerksberuf zu erlernen ist nicht mehr beliebt, ein Grund mehr für die Miesbacherin, etwas zu ändern – an der Arbeit und am System. Denn ihr Beruf ist eben nicht nur Wände weißeln und Fassaden streichen und das beweist Tatjana Blaske mit ihrer Arbeit, die vom Boden bis zur Decke und allem dazwischen geradeso vor Kreativität sprüht.

Einzigartige Designs

Egal ob im heimischen Oberland, oder auf einem ihrer Auslandseinsätze in ganz Europa – „wenn ich freie Hand habe in meiner Arbeit, dann wird es genial.“ Mit den verschiedensten Mal- und Spachteltechniken kreiert sie unvergleichliche Wand- und Deckenprofile, verwendet dafür echte Pigmente, etwa aus Kalk, Zement, Lehm oder echtem Perlmutt. „Es gibt nichts Schöneres als die Farben der Natur, weshalb ich auch nachhaltige und ökonomische Naturprodukte verwende.“ Ist es gewünscht, arbeitet sie auch Lichtprofilleisten mit ein, gestaltet ganze Räume nach einem bestimmten Farb- und Designkonzept. Vom Privathaus bis zum öffentlichen Gebäude, wie etwa im Krankenhaus Agatharied, dem Kulturzentrum Miesbach oder dem Kindergarten der Diakonie – egal wo Tatjana Blaske arbeitet, es entstehen einzigartige Designs, die eine positive Wirkung auf die Menschen haben. Seit nunmehr 20 Jahren arbeitet sie in ihrem Beruf, doch um auch andere von dessen kreativen, schier unendlichen Möglichkeiten zu überzeugen, bedarf es einer „Paint Revolution“.

TB Paint Revolution

„Ich möchte das Handwerk pushen und diese Leidenschaft auch an die jungen Leute weitergeben“, sagt die Malermeisterin. Nur so könnten wieder mehr Auszubildende für den Beruf gewonnen werden. In Workshops und Vorträgen erzählt sie von ihrem Weg und ihrer Arbeit, gibt Tipps und entfacht die Kreativität in den Menschen. Auch als Bauleiterin ist sie nun vermehrt tätig, denn auch in der Zusammenarbeit mit anderen Betrieben und Gewerken müsse sich im Handwerk etwas ändern. „Sich gegenseitig aushelfen, große Aufträge teilen und miteinander Lösungen finden – dann kann so viel Positives passieren“, ist sie überzeugt. Ihren Malerbetrieb würde sie nie aufgeben, aber sie entwickle sich und ihre Arbeit immer weiter. „Wenn ich was mache, dann mache ich es richtig.“ Auf ihrem Weg hätte sie sich zwischenzeitlich verloren, wäre fast daran kaputt gegangen. „Im Nachhinein bin ich aber überzeugt, es hätte nichts anders laufen sollen“, sagt sie. Denn nur so hätte sie erkannt, dass sich etwas ändern muss, für sich selbst und für ihren Beruf. „Die TB Paint Revolution ist meine Herzensangelegenheit, das spüre ich“, sagt Tatjana Blaske und lächelt selbstbewusst.