Krippe, © Hartmut Wolf
Engel, © Hartmut Wolf

Unsere neue Krippe

Die neue Ganzjahreskrippe ist von einem Herzensprojekt zu einem erstaunlichen Erfolg geworden. Zu Recht, denn hier wurde ein veritabler Schatz geborgen und auf optimale Weise für ganz Miesbach zugänglich gemacht. Wie das kam, ist eine Geschichte, die wunderbar in die Vorweihnachtszeit passt.

 

Wie es begann

„Jedes Jahr wenn ich in unserer Kerkerkapelle den alten Krippenkasten für die Weihnachtszeit aufgestellt habe, brauchte ich die Hilfe von zwei Leuten. Es war so umständlich, den schweren Kasten aufzubauen, dass ich jedes Mal gedacht habe, wie toll es wäre, etwas Neues und Schönes zu haben“, erzählt Mesnerin Brigitte Denz mir am Telefon.

Doch der eigentliche Anstoß zur Erneuerung der Krippe erwuchs nicht aus praktischen Überlegungen. „Wir haben einige viel gerühmte Krippen in der Nachbarorten… Denken Sie nur an Elbach“, erinnert Brigitte Denz. „Dass wir in Miesbach viele Figuren haben, die ebenso schön und wertvoll sind, das wusste nur niemand so richtig.“

 

Detektivarbeit auf dem Dachboden        

Wie jede gute Geschichte beginnt auch diese mit einem „Zufall“:  Die Figuren der Miesbacher Krippe lagen über Jahrzehnte vergessen in der Stadtpfarrkirche Maria Himmelfahrt. Die Ersten, die sie wiederentdeckt haben, waren Mesner Ewald Engelmann und Franz Baumgartner, der zu Beginn der 2000er Jahre in Miesbach eine Ausbildung zum Diakon absolvierte. Sie waren auf dem Dachboden über Schachteln mit wunderschön gearbeiteten Krippenfiguren gestolpert. Als sie sich systematisch auf die Suche machten, fanden sie schließlich stolze 156 Figuren. Viele Tiere sind darunter und natürlich Hirten, Könige und die Heilige Familie. Nach seinem wohlverdienten Ruhestand legte Herr Engelmann die Schachteln und ihren Inhalt mit dem gesamten Inventar der Krippe in die Hände seiner Nachfolgerin Brigitte Denz.

 

Die große Überraschung

Unserer künstlerisch so begabten Mesnerin und geprüften Meisterin des Drechslerhandwerks ließ die Qualität der Figuren keine Ruhe und so wurde schließlich ein Krippenteam gegründet und Kontakt zu einer Kunstexpertin des Ordinariats aufgenommen. Als sich bestätigte, dass die Figuren überaus wertvoll sind, war die Freude groß, denn nun ist es offiziell: Angefertigt in der Zeit zwischen 1780 und 1840 in den damaligen Münchner Meisterwerkstätten der Krippenbaukunst, sind diese großen Figuren eine Kostbarkeit. Die ältesten Figuren stammen noch aus dem Barock, die jüngeren schon aus dem Biedermeier. Einige der 23 Zentimeter großen Stücke tragen sogar noch ihre Originalkleidung. Alle sind beweglich und lassen sich effektvoll in verschiedenen Szenen arrangieren. Inzwischen wurden alle Figuren auch von Restaurator Sebastian Westermeier in Augenschein genommen. „Wir haben zusammen eine ganze Woche gebraucht, um jedes einzelne Stück zu fotografieren, zu beschreiben und zu archivieren“, sagt Brigitte Denz.

 

Eine mutige Entscheidung

Um die wertvolle Miesbacher Krippe neu zu beleben, hat es einige Zeit gebraucht: Als Erste erfuhr Pastoralreferentin Kathrin Baumann vom Wunsch, die Krippe neu zu würdigen. Mit Ferdinand Huber und Bettina von Boch war dann das Team komplett, das mit der Idee an die Öffentlichkeit ging und die entscheidenden Gremien ansprach. Denn natürlich ist so ein Unterfangen auch finanziell keine Kleinigkeit. So muss man es, gerade in der Zeit des Pfarrheim-Neubaus, allen hoch anrechnen, dass die beste Lösung realisiert wurde. Von derselben Firma, die den Beichtstuhl / Versöhnungsraum gestaltet hat, ist nun ein passender Schaukasten gefertigt worden. Mit den Maßen 2,00 x 1,15 Meter und einer Tiefe von 1,40 Meter ist er ein richtig imposanter Rahmen für die neue Miesbacher Jahreskrippe.

 

Belohnung für das Engagement

Dass das Herzblut, mit dem alle für die neue Krippe gekämpft haben, nicht vergebens war, freut vor allem Kathrin Baumann, Brigitte Denz und Ferdinand Huber. „Ja, wir wollten alle, dass die neue Krippe Hand und Fuß hat“, sagt der Vorsitzende des Stiftungsrats der Bürgerstiftung Miesbach und Vize-Vorsitzender des Pfarrgemeinderats. „Schließlich soll sie lebendig wirken und in den ganzen Kirchenraum hinein ausstrahlen… Wir haben uns für die Einweihung der Krippe etwas Besonderes ausgedacht“, erinnert sich der Huber Ferdl gerne. „Die Engel sind so etwas Einzigartiges – mit ihnen haben wir begonnen. Brigitte Denz hat als Hintergrund eine Schriftlösung geschaffen, und als wir beim Fest des Erzengels Michael am Mittwoch, 29. September, im Abendgottesdienst die Krippe enthüllt haben, war sofort großes Interesse da.“ Kein Wunder, denn die acht vollplastisch geschnitzten Engel sind wundervolle Holzskulpturen, die zu den größten Überraschungen im Figurenkanon gehören – in ihrer künstlerischen Ausarbeitung und der Bewegtheit ihres Ausdrucks erinnern sie sogar an den Ignatz Günther, den hochberühmten Meister des Rokoko, der in München tätig war.

 

Ein Stück Miesbach

Von Anfang an haben die Miesbacher ihre neue Krippe ins Herz geschlossen. „Momentan zeigen wir die Verkündigungsszene, und in den nächsten Tagen und Wochen werden nach und nach die wichtigsten Momente der Weihnachtsgeschichte lebendig werden“, sagen Denz und Huber einstimmig. Beide wollen auch künftig an immer neuen spannenden Szenen arbeiten. „Wir denken sogar daran, Momente aus der Miesbacher Geschichte zu zeigen“, kann sich Ferdinand Huber vorstellen. „Hier wollen wir künftig mit Isabella Krobisch und Alexander Langheiter zusammenarbeiten.“

 

Seelenspiegel Krippe

Warum die neue Krippe eine wichtige Bereicherung für das Glaubensleben der Stadt ist, hat Kathrin Baumann im Pfarrbrief in die richtigen Worte gefasst, die ich hier teilweise zitieren will: „Krippen übersetzen die biblischen Erzählungen in Bilder. Aus der gehörten Geschichte wird eine sichtbare, lebendige Geschichte… Es sind Darstellungen von Bildern des Lebens, betrachtet mit den Augen der Seele.“

Meister in der Betrachtung der Szenen sind natürlich die Kinder, die wie Kathrin Baumann schreibt „sich die Nasen an der Scheibe plattdrücken, um ganz genau zu sehen.“

Doch sind Krippenszenen nicht nur etwas für Kinder. Gerade uns Erwachsenen ermöglichen Krippenbilder, uns selbst besser kennenzulernen. Wer sich etwa gedanklich in eine Szene hineinversetzt und sich die Frage stellt: „Wo bin ich in dieser Szene?“, erfährt schon ein Stück mehr, wer er ist...

 

Aktive Krippengestaltung: Die Patenschaft

Übrigens können wir alle das Projekt „Miesbacher Ganzjahreskrippe“ aktiv unterstützen, denn es besteht die Möglichkeit eine Patenschaft zu übernehmen. Das geht ganz einfach: Man sucht sich eine Figur aus und übernimmt die Kosten für die Restaurierung. „Natürlich werden die Paten in der Krippenchronik genannt“, versichert Frau Denz.

Wer sich für eine solche Patenschaft interessiert, wendet sich am besten ans Pfarrbüro. Da ist für jedes Engagement etwas dabei, denn die Kosten für die fachgerechte Überholung der Figuren liegen zwischen 80,- und 800,- Euro, schätzt Experte Sebastian Westermeier. Wer sich nicht als Pate verewigen will, kann einfach eine Spende auf das Konto der katholischen Kirchenstiftung Miesbach (IBAN: DE08 7115 2570 0000 0212 79 bei der Kreissparkasse, Verwendungszweck „Krippe“) überweisen oder einen Betrag in die Box am Krippenkasten werfen.

 

Text: Verena Wolf
Bilder: Hartmut Wolf

 

Impressionen

Stadt Miesbach, © Dietmar Denger
Stadt Miesbach

© Dietmar Denger

Stadtführungen_Drohnenaufnahme Miesbach_1920x1280
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Miesbacher Tracht_Titel_Stadtplatz
Miesbacher Tracht_Titel_Stadtplatz
Genussführung_Sonja_Still (2)
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MB_Wochenmarkt-0081_1920x1280
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