Spitzbergen, © Jackscorner
Jack 3, © Jackscorner

Über die Grenzen

Seine Agentur für Fotodienstleistungen, Konzept-Erstellungen, Dokumentation und Filmproduktionen hat ihren Sitz in Miesbach und Kitzbühel. Doch Thomas „Jack“ Griesbeck ist nicht nur weltweit als Fotograf unterwegs. Er ist einer, der auch anderweitig Grenzen überwindet.

 

Eine fesselnde Begegnung

Nach über 100 Interviews für die Stadtgeschichten weiß ich als erfahrene Journalistin, dass ein gutes Gespräch etwa eine Stunde dauert und verabrede mich mit Thomas „Jack“ Griesbeck auf 10 Uhr im Marktcafé. Eine Viertelstunde vor dem Termin geht die Tür auf und schon steuert der junge Kreativ-Unternehmer zielsicher auf meinen Tisch zu.

Als ich das erste Mal wieder auf die Uhr sehe, ist es 12:15 Uhr und Jack, der mir eben noch von einer fast tödlichen Begegnung mit einem Grizzlybären in Alaska erzählt hat, öffnet jetzt das Fotoarchiv seines Handys, um mir seine jüngste Foto-Reportage zu zeigen. Ich bin tief erschüttert von den Fotos ukrainischer Soldaten an der Front – hautnahe Einblicke in den Krieg, die ich so intensiv noch nie gesehen habe und die man im Fernsehen vergeblich sucht. Doch fangen wir am Anfang an.

 

Auf die Plätze – fertig – los

Thomas Griesbeck kam als Sohn von Rupert Griesbeck in Miesbach zur Welt und wuchs mitten hinein in eine große Familie, die nicht nur im sozialen Bereich, im Sport und im Malerhandwerk aktiv ist. „Einer von uns ist eigentlich überall zu finden“, sagt Thomas, der schon seit langem für alle nur „der Jack“ ist. Kein Wunder also, dass auch Jack in der Jugend in einem Verein zu finden war: „Ich habe lange Fußball gespielt. Das war eine Leidenschaft“, erinnert er sich und erzählt weiter: „Danach habe ich mit dem Laufen angefangen – Mittel- und Langstrecke – das hat mich gepackt.“ Heute sind seine Topkondition und zuverlässige Fitness und die Nähe zur Natur unabdingbare Voraussetzungen für seine packenden Aufnahmen großer Sportler, die er in entscheidenden Momenten für immer aufs Bild bannt: Da sind Linus Strasser in Sölden am Gletscher aber auch beim Golfen in Kitzbühel oder der Olympiasieger von 2018 auf der Großschanze Johannes Rydzek sowie Ö3-Moderator und Extremsportler Tom Waleck, Denise Herrmann-Wick (2014 Olympia-Dritte mit der Staffel im Skilanglauf).

 

Eine ausgezeichnete Verbindung

Da ist aber vor allem Peter Schlickenrieder: Dem Silbermedaillengewinner von 2002 (Skilanglauf-Sprint in Silver Hollow / Salt Lake City) und aktuellen Bundestrainer der deutschen Skilangläufer verdankt Thomas Griesbeck viel: „Er hat früh an mich geglaubt und mir viele Türen geöffnet.“ Der Rest war dann harte Arbeit. Jack erklärt: „Durch Peter Schlickenrieder als Motivator und Wegweiser habe ich früh mitbekommen, wie man sich positionieren kann und was alles machbar ist im Leben. So habe ich begriffen, dass Chancen gut und schön sind – aber nur, wenn man sie nutzt, viel arbeitet, macht und tut, kann sich etwas entwickeln. Es war zum Beispiel ein Wahnsinnserfolg für mich, als der Anruf kam, dass ich beim Hahnenkamm-Rennen mitfotografieren soll. Und schon im Jahr darauf konnte ich in der Fotografen-Leitung arbeiten, um neue Blickwinkel zu setzen“, freut er sich.
 

Die Begabung entdecken

„Dabei ist mir die Fotografie nicht in die Wiege gelegt worden“, meint Jack und erklärt, dass er sich zunächst überlegt hatte, irgendwie in die Familienunternehmungen einzusteigen. Doch dann hat es ihn nach München gezogen, wo er an der MediaDesign Hochschule studiert hat. „Ich habe dort alle Sparten kennengelernt, viele Kurse gemacht, aber dann hat es sich entwickelt, dass mich die Kamera und ihre Gestaltungsmöglichkeiten mehr und mehr begeistert hat.“ Heute plant und unternimmt Jack Expeditionen in die entlegensten Gegenden der Welt und bringt aus den Dolomiten ebenso spektakuläre Fotos mit wie aus Kanada, Alaska oder dem ewigen Eis rund um Spitzbergen. „Ich funktioniere am besten, wenn es kalt ist“, gibt der dynamische Endzwanziger zu, der die Weite und Stille unberührter Natur liebt. Beste Voraussetzungen also für seine Arbeit in nördlichen Breiten oder im Hochgebirge.

 

Etwas sagen wollen

Doch Jack ist nicht nur ein herausragender Fotograf von Naturlandschaften. Er hat ein ebenso gutes Gespür für Menschen wie für fesselnde Outdoor- und Sport-Motive. „Dass ich eine gewisse Sensibilität habe, hat schon meine Oma gewusst. Ich habe ihr das nicht gleich geglaubt, wollte damals zur Bundeswehr. Heute denke ich, dass sie recht hatte.“ Der Oma, überhaupt den Großeltern verdankt er eine Menge, sagt er und erzählt, dass er durch sie auch ein Gefühl für die Bedeutung von Geschichte bekommen hat. „Wie Miesbach im Krieg aussah, wie es war, damals zu leben – das haben mir die Großeltern aus erster Hand vermittelt.“

Es sind diese scheinbaren Gegensätze, die schnellen Wechsel der Themen, die den jungen Mann nicht nur beim Erzählen ausmachen. Er fotografiert eine Operndiva wie Elīna Garanča beim Konzert ebenso wie seinen Freund Peter Schlickenrieder hoch oben in den Bergen. Doch sind es nicht Auftragsporträts von VIPs, die ihn inspirieren. „Mir imponieren Menschen, die sich für etwas einsetzen“, betont er und damit sind wir auch schon bei den Dingen, die ihm momentan besonders am Herzen liegen: Das sind die Dokumentation des Krieges in der Ukraine und das Projekt „Auf den zweiten Blick“.

 

Über die Grenzen

„Als die erste Nachricht vom Kriegsbeginn im Fernsehen kam, hat es bei mir „Klick“ gemacht“, erinnert sich Jack. „Ich wusste sofort, dass ich darüber berichten muss. Mir geht es um die wahre Geschichte. Also musste ich irgendwann hin und fotografieren.“ Weihnachten 2023 war er zum dritten Mal mitten im Kriegsgeschehen.
Spannend aber wird es auch in den nächsten Tagen im Waitzinger Keller, wo ab Donnerstagabend das Projekt „Auf den zweiten Blick“ zu Gast ist.

 

Auf den zweiten Blick

„Auf den zweiten Blick“ – das ist der Titel eines Pakets aus einem abendfüllenden Event am 18. Januar und einer Ausstellung, die anschließend bis 09. Februar im Waitzinger Keller zu sehen sein wird. Dann wird das Projekt nach Schliersee in die Vitalwelt weiterziehen.
Worum es dabei geht, fasst Jack so zusammen: „Mir geht es darum, dass die Menschen nicht wegsehen, wenn jemand ein Handicap hat. Ich will die Menschen aufrütteln und auf die verborgenen Facetten von Menschen mit körperlichen Behinderungen aufmerksam machen.“
Das wichtige Projekt trägt seinen Namen auch deshalb, weil wir alle fast ausnahmslos erst einmal die Behinderung wahrnehmen. „Es ist traurig, dass wir erst die Behinderung sehen, dann den Menschen. Das will ich gerne ändern.“ Um für sein Anliegen zu sensibilisieren, haben sich Jack und sein Team etwas einfallen lassen: „Ich fotografiere Menschen mit einer Behinderung in einer ganz und gar ungewöhnlichen Situation, in der sich aber besonders stark zeigt, welchen Charakter jemand hat.“

 

Der fliegende Urban

Ein tolles Beispiel für die gelungene Umsetzung ist das Foto von Urban Oberthanner: Auf dem Foto, das Jack aus einer Propellermaschine „Cessna“ aufgenommen hat, sieht man Urban, der seit einem Rodelunfall vor vielen Jahren im Rollstuhl sitzt. Er spielt Tuba – in 2000 Metern Höhe über dem Tegernsee und das nur gesichert durch eine spezielle Seilkonstruktion an einem Heißluftballon. „Ein Wahnsinnsbild ist das“, sage ich. „Ja, das ist der Urban, wie er leibt und lebt. Ihm hat die Fotoproduktion einen Riesenspaß gemacht.“
Dieses Foto und 12 weitere packende und berührende Motive sind Teil des Projekts, das am 18. Januar um 19:00 Uhr mit einem Eröffnungsabend startet. Gemeinsam mit Chrissi Obwexer wird Jack dann Einblicke in die Hintergründe, die Motivation und die Entstehung der Ausstellung geben. „Wie wir das an dem Abend machen, das ist was ganz Neues - eine so noch nie dagewesene, zweistündige Live-Show“, sagt Jack.

 

Der Bär

Für jemand, der noch so jung ist – Jack zählt gerade einmal 27 Jahre, war verheiratet und ist Vater – hat er unglaublich viel erreicht. Da drängt sich die nächste Frage auf: „Sind Sie schon einmal an Ihre Grenzen geraten?“, will ich wissen und bin erstaunt, dass der coole Youngster ganz ernst wird. Er wird ein wenig blass, nickt aber und sagt dann: „Schon oft, öfter als mir lieb ist.“ Als ich wissen will, welche Erfahrung ihm besonders an die Nieren gegangen ist, hat er auch das sofort parat: „Zwei Dinge: Die viel zu nahe Begegnung mit einem Bären. Und meine letzte Reise in die Ukraine. Ich war mit den Soldaten im Schützengraben. Beides vergesse ich nie.“

Die Begegnung mit dem Grizzly war so, dass Jack gerade noch mal mit dem Leben davonkam. Mir ist selbst vom Zuhören noch etwas schlecht, als er schon sinniert: „Ich habe mich damals gefragt, wie naiv ich eigentlich noch bin. Ich war nicht einmal bewaffnet… Seither nehme ich Gefahren ernst und bereite mich auf alle Abenteuer so gut wie möglich vor.“
Diese Vorsicht hilft ihm mittlerweile auch solche Gefahren wie die Reise an die ukrainische Front zu meistern. Die mehr als sehenswerten Fotos, die ihm dort an Weihnachten 2023 im Schützengraben gelungen sind, kann man auf seiner Website und bald bei Vorträgen und Ausstellungen ansehen: JACKSCORNER ist eine bildgewaltige Seite, die immer einen Besuch wert ist. Dort kann man sich nicht nur von den Leistungen seiner Kreativ-Agentur überzeugen, sondern sich auch ein Bild machen, von dem, was ihn persönlich antreibt.

 

Termine

18. Januar 19:00 Live-Show mit Thomas „Jack“ Griesbeck und Chrissi Obwexer zur Ausstellung „Auf den zweiten Blick“ (Nur für Gäste mit Voranmeldung)

19. Januar bis 09. Februar: Ausstellung „Auf den zweiten Blick“ zu den üblichen Öffnungszeiten im Waitzinger Keller und bei den Veranstaltungen

 

Kontakt

JACKSCORNER

AUF DEN ZWEITEN BLICK

 

Text: Verena Wolf (Miesbacher Verlagshaus)
Fotos: Thomas Jack Griesbeck

Impressionen

Wildnis, © Jackscorner
Wildnis

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Sternenhimmel, © Jackscorner
Sternenhimmel

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Urban Oberthanner, © Jackscorner
Urban Oberthanner

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Jack, © Jackscorner
Jack

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Kanada, © Jackscorner
Kanada

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Auf den zweiten Blick, © Jackscorner
Auf den zweiten Blick

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Jack 2, © Jackscorner
Jack 2

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Spitzbergen, © Jackscorner
Spitzbergen

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Jack 1, © Jackscorner
Jack 1

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Jack 3, © Jackscorner
Jack 3

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