Dass im Oktober 2023 – landkreisweit – eine ganze Woche all denen gewidmet ist, die um einen geliebten Menschen trauern, ist einer ganz besonderen Zusammenarbeit zu verdanken: Dem Schulterschluss zwischen dem Kulturamt der Stadt und dem Hospizkreis Miebach e.V.
Wenn die Seele weint
Ab dem kommenden Montag bieten mehr als zehn Veranstaltungen und Info-Stände in Holzkirchen und Miesbach vielfältige Möglichkeiten, sich mit einem der elementarsten Themen des menschlichen Lebens auseinandersetzen.
Der Tod eines geliebten Menschen und die Trauer über seinen Verlust berühren uns unmittelbar und verändern unser Leben oft für immer. Besonders belastend ist es, mit Trauer umzugehen, wenn man keine Möglichkeit hat, sich mit ihr aktiv auseinanderzusetzen. So wie es vielen von uns in der Corona-Zeit gegangen ist.
Eine Friedhofsbegegnung mit Folgen
Denn wer in der Coronazeit Angehörige verloren hat, konnte oft nicht so liebevoll Abschied nehmen, wie man sich das wünscht. Dass dabei Schuldgefühle und psychische Verletzungen entstanden sind, die noch lange nicht verheilt sind, darüber haben sich vor gut einem Jahr zwei Menschen unterhalten, die diese Situation schon seit langem beschäftigt hat: Im Sommer 2022 hatten sich Isabella Krobisch und Peter Rosner zufällig auf dem Friedhof getroffen. Die Leiterin des Miesbacher Kulturamtes und der ehemalige Vorsitzende des Hospizkreises Miesbach waren sich schnell einig, dass der Kummer so vieler Hinterbliebener nicht unbeachtet bleiben sollte. „Wir wollen irgendetwas für die Öffentlichkeit machen“, beschlossen die beiden.
So funktionieren Netzwerke
Und wie aus dem „irgendetwas machen“ eine ganze Woche mit einem einzigartigen Programm wurde, ist eine Geschichte, wie sie eigentlich nur in Miebach entstehen kann. Denn schon wenig später klingelte das Telefon von Petra Obermüller, die als Trauerbeauftragte im Hospizkreis Miesbach e.V. arbeitet. Sie erzählt: „Peter Rosner wollte dieses Trauerprojekt zusammen mit dem Hospizkreis gestalten. Ich war zwar sofort begeistert, aber eine konkrete Idee hatte ich zunächst noch nicht.“
So richtig los ging es dann, als Isabella Krobisch so etwas wie das fehlende Puzzlestück fand. Die Kulturamtschefin erzählt: „Ich habe Schloss Hartmannsberg (Endorf/Chiemsee) einen Besuch abgestattet und dort in der Kapelle eine äußerst anrührende Installation entdeckt: Der ganze Boden war bedeckt mit kleinen weißen Schiffchen – jedes einzelne für einen an Corona Verstorbenen liebevoll von Hand gefaltet von Siglinde Berndt. Die Installation hieß „Seelenschifferl“ und hat mir die Tränen in die Augen getrieben“, gesteht die Kulturamtschefin und sie erzählt weiter „aber dann wusste ich auf einmal, dass diese Schifferl der Kern sind, um den herum wir etwas Großes zum Thema Trauer gestalten sollten. Ich habe der Künstlerin eine E-Mail geschrieben. Und als sie sofort geantwortet und zugestimmt hat, war ich ganz sicher, dass es sein soll.“ Deshalb wird die Ausstellung nun auch in Miesbach aufgebaut. In der Portiunkulakirche ist sie ab Dienstag, 10. Oktober bis Sonntag, 15. Oktober zu sehen.
Die Hospizwoche entsteht
Nach dieser Initialzündung kam alles zusammen. In enger Zusammenarbeit zwischen Isabella Krobisch, Petra Obermüller, Peter Rosner und Manfred Lechner, dem Schatzmeister des Hospizvereins, entstand zunächst die Idee für eine Broschüre, die den Stimmen der Angehörigen gewidmet sind, die ihre Liebsten in der Coronazeit verloren haben.
Und dann fand man den roten Faden: Es sollte rund um den Welthospiztag, der in diesem Jahr am 14. Oktober stattfindet, eine Reihe von Veranstaltungen stattfinden. Und wie das so ist, wenn etwas sein soll: Plötzlich öffneten sich alle Türen und es entstand Stück für Stück ein einzigartiges Programm, bei dem alle mitmachen – nicht nur die Mitarbeiter des Hospizkreises Miesbach: Vom Caritas Altenheim St. Anna Haus/Holzkirchen und dem VHS Oberland–Centrum Tegernseer Tal über die Büchereien in Holzkirchen und Miesbach bis zum Kino am Tegernsee/Rottach-Egern fanden sich Räumlichkeiten und Angebote für die verschiedenen Veranstaltungen: Die Gesprächsangebote des Hospizkreises reichen daher von einem Trauerspaziergang in der freien Natur (Treffpunkt am Parkplatz Naturschwimmbad/Osterwarngau) bis zu einem offenen Gespräch in der Miesbacher Stadtbücherei. Bei diesen Gelegenheiten können sich alle, die über ihre Erlebnisse und Erfahrungen sprechen möchten, den Expertinnen des Hospizkreises anvertrauen.
Und wer hinter die Kulissen des Hospizkreises blicken möchte und mehr über diese hochsensible Arbeit erfahren will, hat bei den Infoveranstaltungen die beste Gelegenheit.
Was macht der Hospizkreis eigentlich?
Kurz gesagt, ist der Hospizkreis ein Verein, der sich zwei wichtige Ziele gesetzt hat, nicht nur sterbende Menschen und ihre Zugehörigen zu begleiten, sondern auch für alle trauenden Menschen da zu sein. Dazu wurden neun TrauerbegleiterInnen ausgebildet, die für den Hospizkreis Menschen in ihrer Trauer begleiten. Außerdem sind 50 ehrenamtliche HospizbegleiterInnen für kranke, sterbende Menschen und deren Zugehörige da. „Alle, die sich für dieses Ehrenamt interessieren, sind jederzeit willkommen“, betont Petra Obermüller. „Wir im Büro in Holzkirchen sind Ansprechpartnerinnen für alle, die Unterstützung in einer außerordentlich schweren Zeit suchen. Wir kommen dann ins Haus, ins Pflegeheim oder ins Krankenhaus und machen uns ein umfassendes Bild von den physischen, psychischen, sozialen und spirituellen Aspekten des betroffenen Menschen und seines Umfelds. Man nennt das total pain concept“, erklärt Petra Obermüller. Sie sorgt zusammen mit Miriam Cetinich und Alexa Gentsch als Koordinatorinnen hinter den Kulissen dafür, dass für alle sterbenden und trauernden Menschen AnsprechpartnerInnen gefunden werden. Außerdem bietet der Hospizkreis ein umfangreiches Trauerprogramm für Kinder und Erwachsene im Landkreis an.
Besonders hilfreich
„Zu den besonders wertvollen Angeboten der Woche gehört der Seelenschreiber-Workshop, den Selina Benda kostenlos anbietet. Mit ihrer Anleitung kann sich jeder seine Gedanken von der Seele schreiben“, sagt Isabella Krobisch, die sich darüber freut, auch ein Konzert von Claudia Koreck im Waitzinger Keller anzubieten: „Kalender-Tour“ – das sind Songs, die Lebensfreude vermitteln, also wichtige Impulse für alle, die Trauer in sich tragen“.
Und noch ein Punkt verdient es, erwähnt zu werden. „Und dann gibt es noch ein Angebot für Kinder. Für sie ist das ganze Geschehen rund um Tod und Trauer besonders schwer zu begreifen. Aber auch Kinder trauern – nur anders als wir Erwachsene. Und deshalb müssen sie einen Platz dafür bekommen “, weiß Petra Obermüller. „Für sie findet eine Märchen-Lesung mit Maria Fraundorfer-Winderl statt, die sich dem Thema sehr behutsam und kindgerecht nähern wird.“
Die Hospizwoche – das Programm
Sie finden im Anschluss ein PDF mit dem Gesamt-Programm der Hospizwoche, die so vielfältig ist wie das Leben.
Kontakte
https://www.waitzinger-keller.de
https://www.hospizkreis.de