Grabmaier innen, © Max Kalup
Christine Schreiner 1, © Max Kalup

Powerfrau im Herzen von Miesbach

Powerfrau im Herzen von Miesbach

 

Christine Schreiner, Geschäftsinhaberin von Wäsche Grabmaier, führt engagiert ein Miesbacher Familiengeschäft mit Tradition und steckt nicht nur hier voller Esprit und Tatendrang.

 

Eine stattliche Bandbreite

Mittendrin, fast als Tor zum Marktplatz könnte man das schöne alte Haus bezeichnen, in dem sich der Laden „Wäsche Grabmaier“ befindet. Momentan, im Lockdown, kann das verwinkelte Geschäft von Christine Schreiner natürlich leider nicht betreten werden, doch die Schaufenster laden direkt zum Shoppen ein. In einem Fenster: Schulranzen – gerade sogar 30% reduziert, daneben wunderschöne Handtaschen, bei denen ich als Frau kaum widerstehen kann. Schaut man ums Eck ist aber auch für den Mann was geboten: Schlafanzug, Boxershorts und Co preisen sich hier den Passanten an. Sozusagen eine stattliche Bandbreite führt Christine Schreiner: Leder- sowie Strumpfwaren und Wäsche – von Feinripp bis Spitze ist alles vertreten. Vom vielfältigen Sortiment kann man eigentlich gut auf die Inhaberin schließen – sie ist auch ein energetischer Tausendsassa, der nicht jammert, sondern tatkräftig nach Lösungen sucht. Selbst jetzt in der Krise sagt Christine Schreiner, ihr „Liefer- und Abholdienst laufe ganz gut – die Kund*innen genießen es mal wieder einfach in Miesbach zu shoppen, auch wenn auf eine ziemlich ungewöhnliche Art und Weise.“

Doch zunächst machen wir einen Zeitsprung – wie alles anfing sozusagen, mit dem Familienunternehmen, das mittelweile in dritter Generation geführt wird.

 

Anno dazumal

Um 1925 eröffneten die Großeltern von Christine Schreiner ein Zigarettengeschäft im „Greiner Haus“ gegenüber dem heutigen Buch am Markt. Nach dem Krieg führte ihre Großmutter das Geschäft beim Brückenwirt in der Rathausstraße (jetziger C & A) weiter. Seit 1965 befindet es sich am heutigen Standort. Doch auch damals war das Hauptgeschäft die Zigaretten. Hinzu kamen jedoch Lederwaren, denn die Hausbesitzerin, Frau Ammer, war Lederhosenstickerin und machte es der Oma zur Auflage ihre Produkte im Laden mitanzubieten. Da das damalige Unternehmen gleichzeitig als Groß- und Einzelhandel fungierte, also auch Wirte, Kioske und andere Geschäfte belieferte, ergänzte man die Produktpalette um Hotelgeschirr. In der damaligen Zeit, in der man gerne auch Geschirr zur Hochzeit schenkte, war diese Erweiterung auch im Einzelhandel erfolgversprechend. Ende der 70er Jahre wird das Geschäft geteilt – den Großhandel erhält der Onkel von Christine Schreiner, ihre Mutter übernimmt das Einzelhandelsgeschäft und die Familie zieht in den ersten Stock des Hauses. „Seit 1965 gehe ich jeden Tag durch die Türe ein und aus“ erzählt Christine mit einem Lächeln im Gesicht und man merkt ihr deutlich an, wie tief verbunden sie sich mit ihrem Geschäft fühlt. Die Strümpfe kamen dank ihrem viel reisenden Papa ins Geschäft. Der sah auswärts ein Strumpfgeschäft und schwärmte der Familie vor, wie schön dies sei. Da mehr und mehr in Supermärkten Zigaretten verkauft wurden, kam der Produktwechsel wie gerufen.

 

Die junge Nachfolge

1986 steigt Christine Schreiner mit ins Geschäft ein. Damals wollte sie eigentlich zum Beck nach München, aber „die waren mir viel zu modern, da hätte es mir gar nicht gefallen“ so erklärte sie sich damals ihrer Mutter. Stattdessen ging sie zunächst ins Personalbüro der Barmer Ersatzkasse. Als dann aber eine langjährige Mitarbeiterin ausfiel, wurde Christine von ihrer Mutter vor die Wahl gestellt: „Entweder du kommst heim oder ich muss eine neue Verkäuferin einstellen…“ Wobei die jetzige Geschäftsinhaberin betont, dass es absolut keinen Zwang gab. Ihr Vater, so erzählt sie mit ihrem hinreißenden Temperament weiter, habe damals gesagt: „Wenn du nicht willst, dann mach ma die Bude halt zu…“

Zum Glück wollte Christine, also steigt die quirlige blonde Dame mit ins Familienunternehmen ein, heiratet und bekommt bald darauf eine Tochter – und dass alles innerhalb einiger weniger Jahre.

Dennoch kümmert sie sich weiter voll um das Geschäft und weiß, dass man mit dem Trend gehen sollte und so beschließt Christine zusammen mit ihrer Mutter das Geschirrsortiment nicht mehr anzubieten. „Die Zeiten änderten sich und Brautpaare leben jetzt meist schon vorher zusammen und benötigen keinen neuen Hausstand mehr. Also haben wir angefangen Herren-Schlafanzüge zu verkaufen, weil es das nirgendwo in Miesbach gab.“ Und nicht nur das, ein Vertreter überredet Mutter und Tochter auch das Sortiment für Damen anzubieten. Als sich 2001 dann das benachbarte Elektrogeschäft auflöst, wird die Ladenfläche per Durchbruch erweitert und kann seither auf drei Häuserseiten mit ihrem Angebot glänzen. Seit 2004 hat Christine das Geschäft komplett von ihrer Mutter übernommen. Sie erzählt so lebendig von der Geschichte, dass vor dem geistigen Auge regelrecht ein Film abläuft und man merkt ihr ihre Hingabe an. Auf meine Frage hin, ob sie im eher konservativen Oberland auch schon mal eine negative Bemerkung ob der Spitzenunterwäsche im Schaufenster geerntet hätte, verneint sie lachend. Warum? Vielleicht weil man hierzulande manchmal lieber genießt und schweigt…

 

Power auf der ganzen Linie

Doch Christine Schreiner ist nicht nur eine überaus engagierte Geschäftsfrau, mittlerweile ist sie auch Oma von zwei Enkelkindern und beteiligt sich ambitioniert bei der Gemeinschaftswerbung Miesbach (GWM) in der Vorstandschaft. Dabei ist ihr aber nicht wichtig im Vordergrund zu stehen, für sie ist der gegenseitige Austausch und das Vernetzen ausschlaggebend und dass Miesbach sein Potenzial nach außen zeigt. Sie hofft, dass die vielen wunderbaren Ideen für den Marktplatz irgendwann in Erfüllung gehen und sich Stadt und Geschäftswelt stärker gemeinsam um die Innenstadt kümmern werden.

Gespannt sitze ich da und könnte ihren Erzählungen noch lange lauschen, wie sie das alles schafft? „Ja mei, entweder i mach‘s oder i lass bleim. Aber wenn, dann mach i‘s gscheid!“ so ihre schwungvolle Antwort. Ja das glaubt man ihr gern!

 

Text: Veronika Leo
Fotos: Max Kalup

Impressionen

Stadt Miesbach, © Dietmar Denger
Stadt Miesbach

© Dietmar Denger

Stadtführungen_Drohnenaufnahme Miesbach_1920x1280
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Miesbacher Tracht_Titel_Stadtplatz
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Genussführung_Sonja_Still (2)
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