Landwirtschaft, © Hansi Heckmair
Diana Scola und Katrin Baur, © Verena Wolf

LAVLI einkaufen in der Innenstadt

Endlich, so sollte man sagen, wird es ihn geben: Den Lebensmittelmarkt in der Miesbacher Innenstadt, der, fußläufig erreichbar, nicht nur die besten Lebensmittel aus unserer Region anbietet, sondern der zudem auf dem zukunftsweisenden Gedanken des gemeinsamen Wirtschaftens beruht.

 

Eine persönliche Sache

Da wir im Oberland in einer Region leben, in der nicht nur die wichtige Milchwirtschaft zuhause ist, sondern wo auch viele andere vor allem bäuerliche Betriebe mit viel Erfahrung, Einsatz und oft zusätzlich nach Bio-Richtlinien allerbeste Lebensmittel herstellen, wäre es doch eine tolle Sache, wenn wir mitten in der Stadt Miesbach einen Laden hätten, in dem man sich mit diesen Lebensmitteln versorgen könnte. Genau das wird im neuen Lebensmittelgeschäft LAVLI Coop Miesbach möglich sein.
Hinter dem innovativen Ansatz steht die Idee einer Frau mit einer ganz eigenen Lebensgeschichte. Diana Scola, studierte Wirtschaftsingenieurin, stand nach vielen erfolgreichen Berufsjahren kurz vor der Beförderung in die Führungsebene des Autobauers BMW, als ihr klar wurde, dass eine weitere Karriere nicht das Glück bringen konnte, nach dem sie strebt. Sie schaffte rechtzeitig den Absprung, nahm sich eine Auszeit und wurde mit dem ersten von zwei Kindern schwanger. „Da hatte ich zum ersten Mal in meinem Leben Zeit, mir die Frage zu stellen, was ich wirklich aus meinem Leben machen möchte“, erzählt sie. „Ich erkannte, dass ich mich nach einer sinnstiftenden Arbeit sehnte - in Verbindung mit der Natur, mit Menschen und guten Lebensmitteln.“ Als Folge wechselte Sie von ihrem hochdotierten Job in die Selbstständigkeit und gründete zusammen mit ihrem Mann das Start-Up „LAVLI“. 

 

Herzensprojekt LAVLI

Als ich sie frage, was LAVLI bedeutet, lacht sie: „Mein Mann und ich haben die Buchstaben der Namen unserer Kinder zusammengewürfelt und auf einmal war der Name da.“ Inzwischen ist LAVLI viel mehr als ein Name auf dem Papier: Diana und Renaldo Scola, die in Feldkirchen-Westerham leben, haben dort im Juni 2021, also mitten in der Coronazeit, die LAVLI Food UG gegründet, die in 2022 über den gleichnamigen Online-Shop hochwertige Lebensmittel von 30 Erzeugern aus einem Umkreis von ca. 100 km dem Landkreis Miesbach-Tegernsee verkauft hat. „Wir waren richtig stolz darauf, dass wir so tolle Angebote hatten: Als uns zum Beispiel die Naturbäckerei Brot König, die Naturkäserei Tegernseer Land, der Taubenbergerhof, Inntalnuss, BioGut Wallenburg oder der Riedlerhof mit ihrer erstklassigen Ware beliefert haben und wir sie verkaufen konnten, wusste ich, dass sich für mich der berufliche Umstieg gelohnt hat. Ich habe seither einfach das gute Gefühl, dass ich das Richtige tue.“

 

Der LAVLI-Pop-up-Store in Miesbach

Erinnern Sie sich noch an die Pop-up-Galerie in den Räumen des jetzigen BRK-Kleiderladens in der Bahnhofstraße 4? Seither sind Pop-up-Läden auch in Miesbach als Konzept angekommen. Pop-up – das heißt übersetzt aus dem Englischen so viel wie „Plötzlich aufgetaucht“ – eine junge Idee, die mehr Spielraum für Experimente lässt. In diesem Sinn haben die Scolas auch im Februar 2022 den LAVLI Pop-up-Store in der Moserpassage in Miesbach eröffnet. „Sabine Moser ist von unserem Konzept total angetan und unterstützt die Idee von LAVLI nach Kräften“, berichtet Dianas Scola, als sich sie an diesem Morgen im großen zukünftigen Verkaufsraum besuche. Mit ein wenig Fantasie kann man sich gut

vorstellen, wie hier die Regale aufgestellt sind und Kunden ihre Einkäufe in die Körbchen packen. Dort, wo wohl einmal die Kasse stehen wird, erwarten mich nun Diana Scola und Katrin Baur, die gemeinsam als Vorstände den Laden in Miesbach leiten werden. Natürlich interessiert mich auch der Werdegang von Katrin Baur und bin nicht überrascht, dass auch sie der immer weiterwachsende Großstadt München erleichtert den Rücken gekehrt hat: „Es zog mich zurück in die Heimat meiner Mutter, einer gebürtigen Bayrischzellerin.“ Und sie ist geblieben – und zwar in Weyarn, wo die gelernte Grafikerin zunächst gerne im Dorfladen eingekauft hat, ehe sie beim Eierholen am Taubenbergerhof über einen Flyer von LAVLI gestolpert ist: „Ich wollte sofort mitmachen“, sagt Katrin und gibt mir damit den besten Einstieg zur wichtigen Frage, wie LAVLI denn in der Realität funktioniert. Denn die LAVLI Coop Miesbach – das ist zunächst einmal eine Genossenschaft.

 

Eine für alle

Wer beim Wort „Genossenschaft“ sogleich zusammenzuckt, sollte trotzdem weiterlesen. Denn heute stehen Genossenschaften in erster Linie für die Abkehr vom Raubritter-Kapitalismus, der viele Jahrzehnte lang unser aller Leben bestimmt hat. Dass rücksichtsloses Profitstreben nicht der richtige Weg zum Überleben der Menschheit auf diesem Planeten ist, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Genossenschaften sind EIN möglicher Weg, um Menschen mit gleichen Interessen zusammenzubringen, Arbeit auf mehrere Schultern zu verteilen und so – in einer Gemeinschaft von Gleichgesinnten –, größere Ziele zu erreichen. Im Bereich der Lebensmittelversorgung existieren schon solche Beispiele. Eines ist die „Biotop Oberland“ eG. Sie wurde 2018 als gemeinschaftsgetragene Gärtnerei in Lenggries/Steinbach gegründet. Die eingetragene Genossenschaft um Nick Fischer und Sebastian Girmann versorgt heute 450 Haushalte im Isartal mit den begehrten Gemüsekisten aus der Solidarischen Landwirtschaft – alles bio versteht sich. Mit dem „Biotop-Hofpunkt Lenggries“ hat die Genossenschaft im Juli 2022 einen Selbstbedienungsladen für nachhaltige Produkte von handverlesenen PartnerInnen eröffnet. Und natürlich wird auch die LAVLI Coop in Miesbach in erster Linie, aber nicht ausschließlich, hochwertige Bio-Ware anbieten.

 

Gemeinsam in die Zukunft

Die Gründung eines solchen Unternehmens ist immer eine spannende Sache, die neben einem klugen Konzept auch Kapital und Knowhow erfordert. Während die Scolas mit der Erfahrung im Lebensmittel-Online-Handel schon viel Knowhow mitbringen, muss das Kapital erst noch zusammenkommen. Dazu wurde die LAVLI Coop gegründet, die es nun den Mitgliedern ermöglicht, Anteilseigner in der Genossenschaft zu werden. Durch die Beiträge soll das Startkapital zusammengebracht werden, mit dem vor allem der Laden in der Moserpassage eingerichtet wird.

 

Leicht gemacht

„Wer bei uns Mitglied werden will, braucht nur die Beitrittserklärung zur LAVLI Coop Miesbach eG ausfüllen und bei uns vorbeibringen“, sagt Diana Scola. Und das geht wirklich einfach: Am besten füllt man das Online-Formular auf der Website aus. Oder man kommt im Laden vorbei und füllt die Beitrittserklärung dort aus. Die Erklärung liegt im Laden aus. Man kann sie während der Öffnungszeiten abholen und unterschrieben zurückbringen. Oder man lädt sie von der Website herunter.
Wer der Genossenschaft rechtsgültig beitreten will, muss mindestens drei Anteile à 50,- Euro erwerben. Für 150 € ist man dann Mitglied und hat später Anrecht auf einen speziellen Service: Der LAVLI-Laden wird nämlich als Selbstbedienungsladen für Genossenschaftsmitglieder an sieben Tagen die Woche rund um die Uhr geöffnet sein. 24/7 heißt dieses Prinzip und bedeutet, dass jedes Mitglied im Laden jederzeit einkaufen kann. „Man scannt die Ware selbst und zahlt mit Karte oder bar“, erklärt Katrin Baur.
Für alle anderen werden eingeschränkte bestimmte Ladenzeiten gelten…

 

Ein bisschen Werbung

Weil mich dieser Gedanke einer Einkaufsgemeinschaft, die sich vorbildlich um Lebensmittel bester Qualität aus unserem Oberland bemüht, fasziniert, möchte ich an dieser Stelle ein wenig Werbung machen. Unter www.lavli.org/standorte/miesbach findet man nicht nur das Beitrittsformular, die Satzung und die bisherige Firmengeschichte – hier kann man auch wichtige Elemente der LAVLI-Philosophie entdecken.



 

Kontakt

LAVLI Coop Miesbach eG

Stadtplatz 10

83714 Miesbach

Tel: 08020 33997-62

coop.miesbach@lavli.org

www.lavli.org

 

Zum Weiterlesen

Biotop Oberland

Biotop-Hofpunkt Lenggries

 

Text: Verena Wolf (Miesbacher Verlagshaus)
Fotos: Verena Wolf, Hansi Heckmair, Jana Heenen, LAVLI

Impressionen

Radieserl vom Riedlerhof, © Jana Heenen
Radieserl vom Riedlerhof

© Jana Heenen

Naturkäserei, © LAVLI
Naturkäserei

© LAVLI

Landwirtschaft, © Hansi Heckmair
Landwirtschaft

© Hansi Heckmair

Diana Scola und Katrin Baur, © Verena Wolf
Diana Scola und Katrin Baur

© Verena Wolf