Wochenmarkt_Miesbach_Florian Bachmaier_2019, © Kulturamt der Stadt Miesbach
Marie-Christin Wolf, © Verena Wolf

Ein Ort der Wandlung

Ein Ort der Wandlung

Zu den ungeschriebenen Gesetzen unserer Stadt gehört es, dass man gute und schöne Dinge weiterführt, damit sie Tradition haben. Wer dabei nun an Altes und Verstaubtes denkt, war noch nie im Friseursalon, den die Familie Wolf – inzwischen in vierter Generation – am Marktplatz führt.

 

Friseursalon mit Wurzeln

Schon 1918 bestand der Friseursalon Wolf. In „Miesbach – meine Heimat“, einer Sammlung von Biografien, die 2014 vom Kulturamt unserer Stadt herausgegeben wurde, erzählt John Wolf Senior (1918-2017), dass er selbst schon mit 16 Jahren beim Vater im Geschäft mitgearbeitet hat. Das bestand damals noch beim Oberbauer und zog erst später, nach dem Zweiten Weltkrieg, an den Unteren Markt um. 1978 konnte John Wolf das gut eingeführte Geschäft an seinen Sohn Hans Wolf und dessen Frau Lily übergeben. Das Powerpaar schuf mit viel Engagement und noch mehr Ideen im Haus am Marktplatz 15 eine ganze Welt voller Kreativität und Schönheit, einen Ort, der in Miesbach einzigartig ist. Dabei standen erstklassiges Friseurhandwerk und das stete Bemühen um äußerste Kundenzufriedenheit im Mittelpunkt, sodass ein Besuch im Salon zum Erlebnis wird. Kein Wunder also, dass „Wolf Haardesign“ weit über die Grenzen des Oberlandes berühmt wurde: „2x bundesweit „Salon des Jahres“, 10 Nominierungen der „German Hair-Dressing-Awards“, 2015 nominiert zum Top Salon des Jahres“ – das ist die bisherige Erfolgsbilanz als Lebenswerk dreier Generationen. Keine leichte Aufgabe, ein solches Erbe zu übernehmen.

 

Auf der Suche

Doch schon zum 1.1.2019 war es soweit: Hans und Lily Wolf übergaben den Salon an Tochter Marie-Christine. Und die sitzt mir nun zum Interview gegenüber auf der gemütlichen Couch im Bereich „WOLF MEN“. Ihr blaues Kleid ist schlicht aber von herrlicher Farbe und bringt ihre blauen Augen und ihr blondes Haar perfekt zum Strahlen. Marie-Christine Wolf wirkt völlig entspannt, als sie mich willkommen heißt. Kurz schaut noch Mama Lily vorbei, dann erzählt die neue Chefin, wie es dazu kam, dass jetzt sie die Geschäfte führt: „Ich habe ja schon mit 12, 13 Jahren hier mitgearbeitet und zugeguckt. Meine Eltern wollten aber gerne, dass ich nach der Schule nicht in Miesbach bleibe, sondern etwas von der Welt sehe.“ Obwohl die Tochter sich inzwischen durchgesetzt hatte und bei Sassoon in der Haarschneideschule in London war, begannen dank einer Aupair-Agentur die Lehr- und Wanderjahre: Von Miesbach ging es direkt nach New York. „Ausgerechnet in diese Wahnsinnstadt haben die mich geschickt“, sagt Marie-Christine und schüttelt sich ein bisschen. „Ich fand es faszinierend und beängstigend zugleich. Die Familie hatte drei Kids und ich konnte kein Englisch. Und habe mich furchtbar alleine gefühlt.“

 

Stuttgart – London – San Francisco

Aber schließlich brach die familieneigene Zähigkeit und Anpassungsfähigkeit durch. Sie lernte, die positiven Seiten der „Stadt, die niemals schläft“ zu sehen und entwickelte ein akzentfreies Amerikanisch, das einen schier umhaut. Nach einem Zwischenstopp in Miesbach nahm Marie-Christine ihr Schicksal in die Hand: Sie entschied sich für eine Friseurausbildung in Stuttgart und London und machte fünf bis sechs Schnitte am Tag. „So hab ich entdeckt, was mich glücklich macht: Friseur ist ein toller Beruf. Du hast so viele Erfolgserlebnisse. Es ist etwas Besonders zu erleben, wenn eine Frau sich nach dem Besuch bei mir schöner und selbstbewusster und einfach besser fühlt.“ Zu dem Zeitpunkt war Marie Anfang 20 – der beste Moment, um sich unsterblich zu verlieben. „Er saß einfach da“, erinnert sich Marie-Christine und dreht an einer Haarsträhne, „ein junger Typ am Flughafen in London. Ich hab gesagt: Du, ich kenn dich doch…“ Und tatsächlich: Er stammte aus Schliersee. Da er in San Francisco studierte, heirateten sie und zogen nach Kalifornien. „Es war eine wunderbare Zeit“, sagt Marie-Christine in der Rückschau. „Tagsüber konnte ich in einem der coolsten Salons in der Stadt arbeiten, durfte die echte Flowerpower erleben und hab die tollen California Girls gestylt. Abends ging es an den Strand… Sieben Jahre haben wir in Oakland gelebt. Dann war es vorbei und es ist gut so.“

 

Der eigene Stil

Drei Jahre in Berlin brauchte es noch, bis Marie-Christine, die inzwischen den Meister gemacht hatte, entschied: „Jetzt ist es an der Zeit heimzukehren.“ Seit Januar 2019 ist der Salon in ihrer Hand und sie ist dabei, sich hinein zu fühlen, hinein zu leben in das, was Wolf Haardesign so einzigartig macht. „Meine Eltern meinten: ‚Jetzt kannst du alles umgestalten, so wie du es willst.‘ Ich will dabei aber nichts auseinanderreißen. Ich versuche momentan nur den Wohnzimmer-Charakter zu verstärken, damit sich unsere Gäste wohler fühlen.“ Ja, und so sind es die ersten Nuancen, mit denen Marie-Christine dem Unternehmen ihre Handschrift verleiht: Aus Kunden sind Gäste geworden, der Salon verwendet natürliche Haarfarben aus dem Haus Aveda, die Terminbuchung geht online und die junge Chefin hat die Zügel schon fest in der Hand: Buchhaltung, Bestellungen und überhaupt alle geschäftlichen Dinge laufen über ihren Schreibtisch. „Ich bin froh, dass ich meine Eltern habe – ich kann fragen, wie ich Dinge, große und wichtige oder scheinbar kleine Unwichtige, am besten mache. Die Effizienz meiner Eltern ist unglaublich. Aber ich brauche mehr Ruhe und liebe das Gefühl, dass die Dinge fließen…“

 

Zukunftsmusik

Es ist deutlich zu spüren, dass Marie-Christine Wolf angekommen ist in ihrem Leben. Gefragt nach Zukunftsplänen, sagt sie: „Familienplanung wird natürlich irgendwann ein Thema.“ Ich habe den richtigen Mann schon gefunden.“ Sie lächelt und sagt: „Aber momentan habe ich hier im Salon noch viel zu tun. Zwei meiner Mitarbeiterinnen sind in Elternzeit, und ich habe erste Ideen für eine Umgestaltung der Räume. Oben entstehen zudem gerade Mitarbeiterwohnungen. Ich suche gezielt Verstärkung für unser Team. Mein Ziel ist, die beste Arbeitgeberin in meiner Branche in meiner Region zu sein. Mein Plan ist, gute Leute zu finden, um das Niveau zu halten. Dafür zahlen wir gut, wir haben ein sehr gutes Betriebsklima. Es gibt ein Firmenauto und ich denke, dass wir mit den Wohnungen mitten in der Stadt einen tollen Anreiz schaffen.“ Als wir noch schnell das Foto machen, auf den Stufen vor dem Salon, der nun ihrer ist, sagt sie: „Weißt du, ich bin dankbar für das, was ich hier habe. Ich hab das nie für etwas Selbstverständliches gehalten.“

 

Kontakt:
Wolf Haar-Design
Marktplatz 15
83714 Miesbach
rezeption@wolf-haardesign.de
Tel.: 08025-1000

Öffnungszeiten:
So / Mo: geschlossen
Di / Fr: 9 – 20 Uhr
Mi / Do: 9 – 18 Uhr
Sa: 9 – 13 Uhr

 

Text und Foto: Verena Wolf

 

 

Impressionen

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Zwiebeln, © Kulturamt der Stadt Miesbach
Zwiebeln

© Kulturamt der Stadt Miesbach

Gemüse von einem Marktstand, © Kulturamt der Stadt Miesbach
Am Markt

© Kulturamt der Stadt Miesbach

Blumen am Markt, © Kulturamt der Stadt Miesbach
Blumen am Markt

© Kulturamt der Stadt Miesbach

Margot und Lisa auf dem Grünen Markt in Miesbach, © Kulturamt der Stadt Miesbach
Margot und Lisa

© Kulturamt der Stadt Miesbach