Produkte im Weltladen, © Selina Benda
Weltladen Team, © Selina Benda

Die ganze Welt in einem Laden

Der Weltladen Miesbach gehört seit fast 30 Jahren zur Stadt. Bisher immer etwas versteckt in der Kirchgasse gelegen, ist er nun an den Lebzelterberg gezogen. Zwei große Schaufenster geben den Blick frei auf das, was es dort alles zu entdecken gibt. Und das ist weit mehr, als die Dauerbrenner Kaffee und Schokolade. Über einen Verein, der seiner Zeit schon lange voraus war.

 

Alles begann im Jahr 1997, als eine Gruppe Jugendlicher der katholischen Pfarrgemeinde in Miesbach nach dem Samstagsgottesdienst fair gehandelte Schokolade an die Kirchgänger verkaufte. „Sowas hatte es bis dahin noch nicht gegeben bei uns“, erzählt Helga Geh. Die Gruppe vergrößerte sich, auch die spätere Vorsitzende des 1998 gegründeten Weltladenvereins engagierte sich fortan für den Verkauf von fairen Produkten. „Viel gab es damals ja noch nicht, vor allem Schokolade, Tee und Kaffee.“ Bis heute sind diese der Dauerbrenner im Weltladen Miesbach, der sein Sortiment im Laufe der Jahrzehnte aber um ein Vielfaches aufgestockt hat.

 

Mut zahlt sich aus

Zunächst noch in der katholischen Jugendstelle und nur am Samstagvormittag tätig, wagte der Verein um die Jahrtausendwende den Schritt und mietete ein kleines Ladengeschäft im Zehrer-Haus in der Kirchgasse an. „Das war zur damaligen Zeit sehr mutig, denn so viele Produkte gab es auch noch nicht und wir arbeiteten von Beginn an alle ehrenamtlich“, erinnert sich Helga Geh. Doch schon bald vergrößerte sich die Produktpalette und zu den Lebensmitteln kamen auch immer mehr Handwerksstücke hinzu. „Nach zwei Jahren platzte der kleine Laden fast aus allen Nähten“, sagt sie und es sollte wohl so sein, dass das größere Nachbargeschäft zur selben Zeit frei wurde. Gesagt getan, alle Sachen gepackt und dort war der Laden nun bis vor kurzem anzutreffen. Doch Laufkundschaft verirrte sich dort nur selten hin, meistens waren es Stammkunden die den Weltladen besuchten. „Wir haben schon vor drei Jahren damit begonnen, uns nach neuen Räumen umzusehen, aber das war gar nicht so einfach“, erzählt Annelies Bicherel, die seit vergangenem Jahr erste Vorsitzende des Vereins ist.

 

Eine neue Heimat

Einige ernüchternde Besichtigungen später war es wohl wieder Schicksal, dass sie den Aushang „zu vermieten“ im Schaufenster des Ladens mitten am Lebzelterberg sahen und mit Sack und Pack umzogen. Seit 4. Oktober ist der Weltladen nun dort zu finden. Hier und da wird noch umgestellt und eingeräumt, aber diese Lage zieht schon jetzt immer wieder neugierige Besucher in das Geschäft. „Hier werden wir wahrgenommen“, freut sich Anneliese Bicherel. Sie ist eine der rund 20 Ehrenamtlichen, die den Laden in verschiedenen Schichten betreiben. Auf einem schmalen Jahreskalender werden noch von Hand die Dienste eingetragen, jeder kommt, so viel und wann er eben kann. Das System funktioniert und auch der Nachwuchs ist fleißig mit dabei.

 

Die Jugend packt mit an

Martina Reiner war selbst schon als Jugendliche im Weltladen-Team mit dabei und hat im Juli 2022 die Jugendgruppe des Vereins gegründet. Ein Dutzend Jugendliche zwischen 12 und 15 Jahren kommen einmal in der Woche zusammen, bereiten Geschenke vor, planen Aktionen wie etwa für den 1000 Lichterglanz, den Kulinarischen Einkaufsabend oder das Ökumenische Kirchenfest, um den Weltladen zu repräsentieren. Auch im Laden helfen sie mit, haben viel beim Umzug geholfen, die Produkte etikettiert, gestalten die zwei neuen großen Schaufenster und haben sich das „Produkt des Monats“ ausgedacht. Eine kleine Nische in der Wand im Laden lädt förmlich dazu ein, etwas Besonderes dort zu präsentieren. Safran ist es im Oktober, Informationen zur Herstellung und Verwendung und sogar ein kleines Gewinnspiel sind dort zu finden – die Jugend hat das richtige Marketing auf jeden Fall verstanden.

 

Der Grundsatz bleibt

Was im Laufe der Jahrzehnte immer gleichgeblieben ist, ist der Grundgedanke des Vereins. „Es geht darum, den Produzenten in den armen Ländern, welche oft unter menschenunwürdigen Bedingungen leben und arbeiten müssen, ihre Waren nicht möglichst billig abzukaufen, damit ein großer Konzern seinen Gewinn machen kann. Sondern darum, ihnen faire Löhne und damit eine gesteigerte Lebensqualität und die Möglichkeit auf Bildung zu ermöglichen“, erklärt Helga Geh. Das bedeutet natürlich auch, dass die Waren dann im Verkauf teurer sind, als etwa im Supermarkt. „Aber mit dem Kauf eines fairen Produkts tut man nicht nur sich selbst oder dem Beschenkten etwas Gutes, sondern auch den Produzenten“, sagt Anneliese Bicherel. Ganz davon abgesehen, dass es einige Produkte so gar nicht in den großen Läden gibt.

 

Fairness wertschätzen

Vor allem Schokoladenliebhaber kommen hier auf ihre Kosten. „Wir haben Tafeln da, die werden ausschließlich in Afrika produziert, das ist etwas ganz Besonderes“, weiß Astrid Köpf, die ebenfalls von Beginn an mit im Weltladen hilft. „Wir leisten damit unseren Teil zur Entwicklungshilfe“, sagt sie. Die kann auch ganz nah in Europa stattfinden, etwa mit einem Wein, der auf befreitem Maffialand in Sizilien angebaut wird. Neben Reis, Tee, Limonaden, Pasta, Gewürzen, Honig und Süßigkeiten sind vor allem die handwerklich hergestellten Stücke ein Hingucker im Weltladen. Wunderschöne Kerzen ohne Palmöl zum Beispiel aber auch Traumfänger, Schmuck, Dekoartikel, Accessoires, Geschirr und Instrumente. Die meisten Produkte bezieht der Weltladen von „GEPA“, dem größten europäischen Importeur für fair gehandelte Lebensmittel und Handwerksprodukte aus den südlichen Ländern der Welt. Aber auch fair made in Oberbayern ist im Laden zu finden, wie etwa die Brezenbeutel der „Wirkstatt Oberland“.

 

Seiner Zeit voraus

Der Gewinn des Weltladens wird an verschiedene soziale Einrichtungen oder Initiativen gespendet, wie etwa Miserior oder an Einrichtungen welche der Miesbacher Pfarrer Heinrich Rosner in Ecuador oder Pater Primus in Uganda unterstützen. Doch was macht ein „faires“ Produkt eigentlich aus? „Vor allem der Preis der den Produzenten dafür bezahlt wird, dass es nicht mit Kinderarbeit hergestellt wurde, aber auch der ökologische sowie biologische Anbau etwa bei Lebensmitteln“, erklärt Helga Geh. Alles Dinge, die seit einigen Jahren in aller Munde sind. Das Team des Weltladen Miesbach hat diesen Trend schon vor knapp drei Jahrzehnten erkannt und damit bereits einigen Menschen auf dieser Welt eine Verbesserung ihrer Lebensqualität ermöglicht.

 

Öffnungszeiten:

Dienstag bis Samstag, 9:00 bis 12:30 Uhr

Dienstag, Donnerstag und Freitag von 15:00 bis 18:00 Uhr.

 

Text und Fotos: Selina Benda

Impressionen

Weltladen Team, © Selina Benda
Weltladen Team

© Selina Benda

Produkte im Weltladen, © Selina Benda
Produkte im Weltladen

© Selina Benda

Produkte im Weltladen, © Selina Benda
Produkte im Weltladen

© Selina Benda