Neue Bahn der Stockschützen Wies, © Stockschützen Wies
Asphaltbetonierer im Training, © Selina Benda

Die Asphaltbetonierer Miesbach

Fährt man vom Schopfgraben in Miesbach hinauf in die Untere Wies, kommt erst einmal nicht viel, außer Wälder und beweidete Wiesen. Doch kurz bevor man auf die ersten großen Landwirtsanwesen in diesem weitläufigen Gebiet trifft, liegt am Waldrand ein ganz besonderer Ort – das Reich der Asphaltbetonierer Miesbach.

 

Stockschießen – eine der ältesten Volkssportarten im Alpenraum. Wohl schon im 16. Jahrhundert wurden die ersten Formen des Eisstockschießens hierzulande betrieben. Früher vor allem im Winter auf den zahlreichen natürlichen Eisflächen gespielt, ist Stockschießen mittlerweile zu einem alljährlichen Freizeit- und sogar Leistungssport geworden, denn auch auf Asphalt lässt es sich bestens schießen. Eine Gruppe von Miesbachern mit dem Motto „Oamoi Beton, immer Beton“ lässt daran keinen Zweifel. Nicht umsonst haben sie sich „Die Asphaltbetonierer Miesbach“ genannt. Die Olympischen Winterspiele – bei welchen das Eisstockschießen 2026 in Mailand zum ersten Mal als Sportart dabei sein wird – sind aber definitiv nicht das Ziel der lustigen Truppe aus Miesbach.

 

Der Uri is a Wucht

 „Mia san koane Profis, aber a Gaudi is hoid”, sagt Siegi Obermaier. Er ist der „Kapo“ des nicht eingetragenen Vereins, weil „Vorstand song mia ned“, wird mir erklärt. Aber einer muss ja irgendwie das Sagen haben, so ein bisschen zumindest. Siegi Obermaier war es jedenfalls, der sich im Jahr 2015 dafür eingesetzt hat, dass die Stockbahn nicht in fremde Hände gerät, als der TEV Miesbach die Pacht für die Außenbahn abgegeben hat. Eine Gruppe Männer fand sich zusammen, um die Pacht dort zu übernehmen. Keiner der damals rund 20 Miesbacher zählte das Stock- oder gar das Eisstockschießen zu seinen Hobbies. Doch wie noch viele Male, kam der „Uri“ da zur Hilfe. Franz Obermaier, der Vater von Siegi, ist lange Jahre Eisstockschütze gewesen und zeigte den Männern, wie der Sport funktioniert. „Der Uri is einfach a Wucht“, sind sich die Asphaltbetonierer einig. Schon als die Hütte 1996 gebaut wurde, war Franz Obermaier mit dabei. Auch als die Bahn komplett neu renoviert und im Oktober 2020 in Betrieb genommen wurde. Finanzielle Unterstützung erhielten sie damals von der Sparte Eisstock des TEV Miesbach, für welche die Asphaltbetonierer im Gegenzug bei Turnieren im Winter in der Eishalle oder im Sommer auf dem Asphalt aushelfen.

 

Spaß an da Freid

Derzeit sind 15 aktive „Betonierer“ das ganze Jahr über in der Unteren Wies im Einsatz, mindestens einmal wöchentlich treffen sie sich an ihrem Platz und spielen ein paar Runden. Die Geselligkeit steht bei der bunt gemischten Truppe auf jeden Fall im Vordergrund. „Vom Arbeiter, Handwerksmeister bis zum Ingenieur, vom 30-Jährigen bis hin zum 80-jährigen Uri ist alles dabei – mia ham gemeinsam einfach Spaß an da Freid“, sagt Siegi Obermaier. Das und die Liebe zum Hopf Weißbier verbindet die Männer, weshalb sie ihre Jahreshauptversammlungen und andere Treffen auch immer „in da scheensten Wirtschaft in ganz Miesbach“ abhalten – dem Hopf Weißbräustüberl. Der jährliche Vereinsausflug führt die Gruppe dann auch an Orte wie Pilsen oder Budweis – wer sich in der Bierkultur auskennt, weiß Bescheid.

 

Viele Schlümpfe

Zarte Gemüter sind auf der Bahn jedenfalls fehl am Platz, nur der Uri, der ist unantastbar so scheint es. Mit seinem handwerklichen Geschick hat er den Asphaltbetonierern einige Möbelstücke gebaut und auch das heilige 3-Liter-Gefäß aus Holz gedrechselt, aus welchem natürlich standesgemäß nur Hopf Weißbier getrunken wird. Weil im Vereinsheim keine Schank steht, wird das flüssige Gold am Platz aber aus der Flasche getrunken. Damit jeder weiß welche seine Flasche ist, hat sich der Uri wieder was Besonderes einfallen lassen. Auf Korken hat er Schlumpf-Figuren geklebt, wie man sie aus den Überraschungseiern für Kinder kennt. Für jedes Vereinsmitglied einer. Eigens für die rund 20 Verschlüsse baute Franz Obermaier wiederum ein Holzgestell, ein absolutes Unikat und der ganze Stolz der Stockschützen. Damit sie es auch abends noch an der Hütte aushalten, ist Mitglied und Innungsmeister Hans Löw senior für die Elektrik zuständiG:

 

Das Reich der Stockschützen

Es ist schon ein lustiger Haufen der sich dort in der Unteren Wies zusammengefunden hat. Im Mittelpunkt steht aber natürlich das Stockschießen – weil „a bissal Ehrgeiz braucht ma scho“, sagen die Asphaltbetonierer Miesbach. Mit Hilfe vom Uri sind sie mittlerweile alle gute Stockschützen geworden. Entgegen des normalen Reglements zahlt aber jeder Schütze beim Vorbeischießen am Zielfeld 50 Cent in die Vereinskasse ein. Dadurch werden dann der Erhalt der Hütte und Bahn finanziert. Wie gesagt, Olympia ist bei den Asphaltbetonierern Miesbach nicht das Ziel. Dafür geht es ihnen in ihrem kleinen eigenen Reich in der Unteren Wies aber auch viel zu gut.

 

Text: Selina Benda
Fotos: Selina Benda, Stockschützen Wies

Impressionen

Schlumpf-Flaschenkorken, © Selina Benda
Schlumpf-Flaschenkorken

© Selina Benda

Stockschützen Wies Logo, © Stockschützen Wies
Stockschützen Wies Logo

© Stockschützen Wies

Asphaltbetonierer im Training, © Selina Benda
Asphaltbetonierer im Training

© Selina Benda

Stöcke, © Selina Benda
Stöcke

© Selina Benda

Neue Bahn der Stockschützen Wies, © Stockschützen Wies
Neue Bahn der Stockschützen Wies

© Stockschützen Wies