Thorshelmnebel, © Manfred Hechenberger
Sternwarte Matthias Weigl, © Selina Benda

Der Blick ins Weltall

Die Krater des Mondes bestaunen, die Ringe des Jupiters sehen und in fremde, Millionen von Lichtjahren entfernte Galaxien blicken – die Möglichkeiten der Astronomie sind faszinierend. Seit über 30 Jahren ist es auch auf dem Dach des Gymnasiums Miesbach möglich, derartige Beobachtungen zu machen.
 

„So eine klare Nacht, lass uns die Sterne anschauen.“ Haben Sie diesen Satz selbst schon einmal ganz begeistert gesagt oder gehört? „Sterne schauen ist eigentlich uninteressant“, findet Matthias Weigl, „da sieht man eigentlich nur einen Punkt.“ Denn was der Physiklehrer am Gymnasium Miesbach mit seinen Schülern beim Blick durch das Teleskop „Meade LX 200“ erblickt, ist natürlich noch um einiges beeindruckender. Jugendliche mit etwas zu begeistern sei gar nicht so einfach, erklärt der Miesbacher. „Aber wenn sie zum ersten Mal den Saturnring oder den Jupiter riesengroß vor sich sehen, dann ist das Staunen groß.“
 

Dem Himmel ganz nah

Gemeinsam mit seiner Kollegin, der Fachschaft Physik Carolin Laubmeier, betreut der Lehrer die Sternwarte des Gymnasiums, welche auf dem Dach des Westflügels thront. Die weiße Kuppel mit knapp drei Metern Durchmesser bietet Platz für bis zu zehn Personen und das Herz der Station ist das große Spiegelteleskop in der Mitte. Für Matthias Weigl ist schon allein der Gang zur Sternwarte, hoch oben über den Dächern von Miesbach, immer besonders. „Man hat hier oben einfach einen tollen Rundumblick. Ich sage meinen Schülern auch immer, bleibt kurz stehen und genießt das.“

Theoretisch steht die Sternwarte allen Schülern des naturwissenschaftlich-technologischen und sprachlichen Gymnasiums zur Verfügung. Praktisch ist es aber nicht möglich, mit allen Schülern eine Beobachtung zu machen, erklärt der Lehrer. „Dafür gibt es viel zu wenige Abende mit klarer Sicht bei uns.“ Oft sei der Himmel zu Wolkenbehangen und auch die klaren Nächte im Winter seien rar gesät. Hinzu kommt die sogenannte Lichtverschmutzung – also die Abwesenheit völliger Dunkelheit – mitten in der Stadt, welche die Beobachtungen zudem erschwert. „Der Himmel ist zwar riesengroß, aber das Auge ist so empfindlich.“ Die perfekten Bedingungen ergeben sich also nicht so oft und dann haben die Schüler des Wahlkurses Astronomie den Vortritt. Eine Stunde pro Woche beschäftigen sich die etwa acht bis 15 Sechst- bis Achtklässler pro Schuljahr mit der Wissenschaft der Gestirne. Auch die Abiturklassen, welche den Astrophysik-Kurs gewählt haben, dürfen sich über praktische Lehrstunden in der Sternwarte freuen.
 

Die Anfänge der Sternwarte

Möglich gemacht haben dies in den 90er Jahren der Physiklehrer Ferdinand Huber und sein Mathematik-Kollege Eberhard von Ammon, beide selbst begeisterte Hobby-Astronomen. Bereits Mitte der 80er Jahre hatte letzterer sich für die Einführung des Wahlfachs Astronomie eingesetzt und gemeinsam waren sie federführend für den Bau der Sternwarte auf dem Dach des Gymnasiums zuständig. Ohne den großen Einsatz der Freunde und Förderer des Gymnasiums Miesbach wäre dies aber auch nicht möglich gewesen. 90.000 Mark kostete der Bau der Sternwarte damals, Oberstudiendirektor Andreas Scherm und Elternbeiratsvorsitzender Heinrich Höllerl organisierten damals eine große Spendenaktion für das Vorhaben. 1994 war es dann den Schülern zum ersten Mal möglich, einen Blick ins Weltall zu werfen. Bis heute setzt sich der Förderverein für den Erhalt der Sternwarte ein.
 

Technik auf dem neuesten Stand

Dessen zweiter Vorsitzender Martin Weiß, ist seit seiner Zeit am Gymnasium und den Beobachtungen mit den beiden Lehrern begeisterter Hobby-Astronom, hat in seinem Garten sogar eine eigene Sternwarte. Ihm sei es laut Matthias Weigl vor allem zu verdanken, dass das Teleskop nach der großen Renovierung der Schule überhaupt wieder einsatzfähig gemacht werden konnte. Denn während der Modernisierung war die Sternwarte ganze sieben Jahre eingemottet und als Weigl und Huber das Teleskop wieder aufbauen wollten, stellten sie fest, dass die Montierung kaputt gegangen war. „Herr Weiß hat uns dann eine neue, computergesteuerte Montierung gespendet, das war die Rettung“, erzählt der Physiklehrer. Diese gleiche automatisch die Erddrehung aus und so könne man immer auf den gleichen Stern oder Planet blicken, ohne dass sich dieser in seiner normalen Umlaufbahn aus der Linse bewegt. Besonders stolz ist der Lehrer auf das neueste Tool: ein sogenannter „Flip Mirror“. Dieser Klappspiegel ermöglicht es, gleichzeitig mit dem Auge durch das Teleskop zu blicken und eine Kamera für Planetenfotografien anzuschließen. „Für Schüler ist aber der Blick mit dem freien Auge immer noch interessanter, denn Weltraumfotos bekommen sie im Internet natürlich viel bessere zu sehen“, erklärt der 54-Jährige.
 

Blick in andere Galaxien

Wenn die Bedingungen dann mal perfekt sind, zeigen sich der Mond und seine Krater in voller Pracht, die Planeten Venus, Mars und Saturn können in ihrer faszinierenden Schönheit beobachtet werden und auch Jupiter, mit seinen verschiedenen Monden und Stürmen, zeigt sich den Astronomen. „Die anderen Planeten unseres Sonnensystems sind zu klein um sie zu sehen“, erklärt Matthias Weigl. Im Herbst seien zudem noch die sogenannten Kugelsternhaufen „eine funkelnde und glitzernde“ Bereicherung am Firmament und im Winter kann man auch in unseren Breitengraden planetarische Nebel, wie etwa den großen Orionnebel sehen. Dieser ist etwa 1350 Lichtjahre von der Erde entfernt. Ein Katzensprung im Vergleich zur Andromedagalaxie, welche Schätzungen zufolge 2,5 Millionen Lichtjahre weit im Universum liegt. „Bei ganz klarem Himmel ist sie sogar mit bloßem Auge zu sehen“, erzählt er.
 

Die Physik in der Krise

Matthias Weigl ist begeistert von der Astronomie, zu welcher er selbst erst als Lehrer am Gymnasium Miesbach kam. „Das erste Mal den Ring vom Saturn sehen - das hat mich umgehauen“, erinnert er sich. Man könne in diesem Bereich der Physik so viel spannende Sachen lernen, deshalb stimmt es ihn traurig, dass mittlerweile nur noch wenige Schüler das Physikabitur machen möchten. „Die Physik ist in der Krise“, sagt er. Er hofft gemeinsam mit seiner Kollegin auch weiterhin Kinder und Jugendliche für die Sternkunde gewinnen und ihnen das Observatorium auf dem Dach der Schule zeigen zu können. Das wichtigste Utensil für alle Astronomen ist übrigens die lange Unterhose verrät er. Denn wenn die Nacht sternenklar und damit der Himmel wolkenlos ist, ist es eben oft auch kälter als sonst. Dafür wird man aber mit einem atemberaubenden Einblick in unsere und fremde Galaxien belohnt.

Text: Selina Benda
Fotos: Selina Benda, Manfred Hechenberger

Impressionen

Sternwarte Matthias Weigl, © Selina Benda
Sternwarte Matthias Weigl

© Selina Benda

Thorshelmnebel, © Manfred Hechenberger
Thorshelmnebel

© Manfred Hechenberger